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Rats- und Ausschussarbeit während der Corona-Krise

Die Herausforderungen der Corona-Krise beschäftigen aktuell auch die Politik und Verwaltung in Oerlinghausen.

Rechtliches Umfeld

Die Rats- und Ausschussarbeit ist das Herzstück der Kommunalpolitik. Sie füllt die in Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz und Art. 78  Abs. 1 Landesverfassung Nordrhein-Westfalen verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung mit Leben und ist letztlich Basis der Demokratie.

Rat und Ausschüsse sind wesentlicher Teil des Demokratieprinzips sowie des Staatsaufbaus und deshalb auch in Krisenzeiten unverzichtbar. Das hat auch das NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung (MHKBG) durch Erlass vom 24. April 2020 klargestellt.

Dennoch stellt sich in Zeiten einer Pandemie – wie gerade in der Corona-Krise – die praktische Frage, wie die notwendige Arbeit des Rates und der Ausschüsse unter Wahrung des Infektionsschutzes und der gemeindeordnungsrechtlichen Vorgaben stattfinden kann.

Solange die Handlungsfähigkeit der kommunalen Vertretung im gesamten erhalten bleibt dürfen die Sitzungen auf ein geringes Maß reduziert werden, § 47 abs. 1 Satz 3 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) steht dem nicht entgegen.

Neben der Durchführung einer „normalen“ Präsenzsitzung kann diese auch durch Vereinbarungen der Ratsfraktionen modifiziert werden.

„Soll-Stärken-Vereinbarung“

Zum einen gibt es die Möglichkeit einer „Soll-Stärken-Vereinbarung“. dabei wird eine Vereinbarung über die Teilnahme nur einer bestimmten Anzahl von Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern je Fraktion getroffen. Diese Vereinbarung soll nach Maßgabe des Spiegelbildlichkeitsgrundsatzes die Aufrechterhaltung der Kräfteverteilung sicherstellen. Ein geläufiges Praxisbeispiel ist eine Reduzierung um 50 Prozent der Teilnehmenden je Fraktion.

Pairing-Vereinbarung

Daneben steht die sogenannte Pairing-Vereinbarung zur Verfügung. Dabei wird bei Ausfällen aufgrund von Krankheit oder erhöhtem Krankheitsrisiko das Fernbleiben einer bestimmten Anzahl bei allen Fraktionen vereinbart.

 

Für diese Vereinbarungen gibt es keine gesetzlichen Rechtsgrundlagen im Kommunalverfassungsrecht, sodass sich derartige Vereinbarungen auf einvernehmliche und fraktionsübergreifende Verabredungen stützen müssen.

 

Dringlichkeitsentscheidung

Eine weitere Möglichkeit zur Herbeiführung eines Beschlusses ohne Ratssitzung ist eine Dringlichkeitsentscheidung nach § 60 Abs. 1 GO NRW.

Delegation der Entscheidungsbefugnisse des Rates auf den Hauptausschuss

Der Landesgesetzgeber hat im Rahmen des Epidemiegesetzes NRW vom 14. April 20201 auf die besondere Lage reagiert und eine weitere Möglichkeit in der Gemeindeordnung NRW geschaffen. So ist eine Delegation der Entscheidungsbefugnisse des Rates auf den Hauptausschuss durch eine schriftliche Abstimmung mit Zweidrittelmehrheit möglich. Dadurch können alle Befugnisse des Rates aus § 41 Abs. 1 GO NRW ausnahmsweise auf den Hauptausschuss übertragen werden. Dies gilt, solange der Landesgesetzgeber eine „epidemische Lage von landesweiter Tragweite“ festgestellt hat.

Diese epidemische Lage von landesweiter Tragweite hat der Landtag NRW am 27. November 2020 – zunächst für zwei Monate-bis Ende Januar 2021 – festgestellt. Diese Feststellung kann verlängert werden.

Ausgeschlossene Handlungsalternativen

Neben diesen vorgenannten Handlungsoptionen gibt es eine Vielzahl von denkbaren Ideen und Möglichkeiten, die jedoch nicht gesetzeskonform sind. So können Präsenzsitzungen nicht durch digitale Formate wie Telefon- oder Videositzungen oder durch Umlaufbeschlüsse ersetzt werden.

Gegen diese Formate spricht bereits der kommunalverfassungsrechtliche Öffentlichkeitsgrundsatz des § 48 Abs. 2 Satz 1 GO NRW. Dieser Öffentlichkeitsgrundsatz ist elementar für das Kommunalverfassungsrecht und unverzichtbar. Gerade digitale Formate und Umlaufbeschlüsse würden praktisch zu einem Ausschluss der Öffentlichkeit führen, was nicht hinnehmbar ist.

Live-Streaming und Aufzeichnungen von Ratssitzungen

Da es hierzu keine verbindliche Regelung in der GO NRW gibt, obliegt es der Entscheidung des Rates, dass eine entsprechende Regelung dazu in die Geschäftsordnung des Rats aufgenommen wird. Es steht der Kommunen also frei, solche technischen Möglichkeiten unter Wahrung der Datenschutzvorschriften zu nutzen. Das bedeutet, jedes Ratsmitglied muss einer etwaigen Aufnahme zustimmen. Ein Widerspruch einer einzelnen Person führt dazu, dass sichergestellt werden muss, keine personenbezogenen Daten dieser Person verarbeitet werden. Andernfalls läge ein Datenschutzverstoß vor.

Was ist bisher in Oerlinghausen passiert

Die Verwaltung hat den Ratsmitgliedern am 21. Dezember 2020 empfohlen, im Hinblick auf die aktuellen Auswirkungen der Pandemie die Entscheidungsbefugnis des Rates der Stadt Oerlinghausen auf den Hauptausschuss zu übertragen, um Präsenssitzungen mit einer Vielzahl von Personen zu vermeiden.

Durch Stimmabgabe in Textform gem. § 60 Abs. 2 GO NRW hat der Rat mit Zustimmung von zwei Drittel seiner Mitglieder der Delegation von Entscheidungsbefugnissen während einer epidemischen Lage von landesweiter Tragweite zugestimmt. Das Ergebnis lautete 26 Stimmen für und 11 Stimmen gegen die Delegation.

Der Hauptausschuss tagt somit am 21.1.2021 anstelle des Rates. Mit dieser Sitzung werden die Sitzungen des Rates vom 17.12.2020 (abgesagt am 15.12.2020) und die für den 28.01.2021 terminierte Sitzung ersetzt.

Zur Tagesordnung:

https://ratsinfo.oerlinghausen.de/tops/?__=UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZSlbu2hEsGpvilpGVFINx20

Bilder von Gerd Altmann auf Pixabay

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