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Fehlende Verantwortungsübernahme

Kommentar zur Hauptausschusssitzung vom 21.01.2021 in Oerlinghausen:

So schnell und geräuschlos, wie die unterschiedlichen Dringlichkeitsbeschlüsse bestätigt wurden, so stumm und beteiligungslos kam einem als Zuschauer die gestrige Hauptausschusssitzung am 21.01.2021 vor.

Von den Mitgliedern aller Fraktionen kam nichts zum Thema der Kompetenzübertragung des Rates an den Hauptausschuss und auch nichts zum stark, von den Bürgern, diskutierten Thema der Sparkassenschließungen in Helpup und Lipperreihe.

Ganz im Gegenteil machte der Bürgermeister Herr Becker genau wie am 17. Dezember 2020, auch diesmal unmissverständlich und mit gleichem Wortlaut klar, dass die Sparkassenschließung nicht in den Aufgabenbereich der Stadt fällt und ohne Sachdiskussion von der Tagesordnung abgesetzt wird.

Eine schallende Ohrfeige, für alle Fraktionen, die einen offiziellen Antrag eingereicht hatten und eigentlich über kommunale Angelegenheiten entscheiden.

Das Erstaunliche an dieser Aussage ist auch, weil die Sparkassen typische, kommunale Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind und die Besonderheiten dieses Banksystems vor allem in der öffentlich-sozialen Zweckbestimmung begründet sind und natürlich auch gemeinsame Absprachen stattfinden.

Sparkassen benötigen grundsätzlich einen öffentlichen Anstaltsträger was auch dem Kreis Lippe obliegt. Diese Übernahme einer sogenannten Gewährträgerschaft stellt eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft dar, so dass die Gebietskörperschaften der Gemeinden damit ihr verfassungsrechtlich garantiertes kommunales Selbstverwaltungsrecht nach Artikel 28 Abs. 2 GG ausüben. Mehr dazu im Sparkassengesetz NRW.

Die Sparkassen sind ebenfalls die Hausbanken der Kommunen, gemäß des Regionalprinzips.

Diese Funktion üben sie vor allem bei der Annahme öffentlicher Gelder und bei der Gewährung von Kommunalkrediten aus, wo sie einen entsprechend hohen Marktanteil haben. Als Hausbanken sind die Sparkassen verpflichtet die wirtschaftspolitischen Zielsetzungen der Gewährträger in besonderer Weise, aber vorrangig dem wirtschaftlichen Wohl und allgemeinen Nutzen der Bevölkerung zu unterstützen.

Allein mit diesen Erläuterungen könnte man eigentlich bereits festhalten, dass alle kommunale Themen, also auch das Thema der Schließung einer kommunalen Einrichtung, auf dem Tisch des Verwaltungschefs und den Fraktionen gehören, um von der Öffentlichkeit erwünschte Angelegenheiten zu regeln.

Oder soll man wirklich annehmen, dass Gespräche untereinander nur stattfinden, wenn die Sparkasse  ihre millionenschweren Jahresüberschüsse an die Gewährträger (Kreis Lippe, Bad Salzuflen und Lemgo) ausschüttet, die ihrerseits diese Mittel zwingend für öffentliche, gemeinnützige Zwecke verwenden müssen?

Denn besonders die kommunale Trägerschaft und die öffentliche Rechtsform gewährleisten, dass die Sparkassen ihre gemeinwohlorientierten Aufgaben dauerhaft erfüllen können.

Hierzu zählt vor allem die Bereitstellung eines auskömmlichen und flächendeckenden Finanzdienstleistungsangebots für alle Bevölkerungsgruppen. Dementsprechend verbietet die Gemeinnützigkeit den Sparkassen ihre Geschäftspolitik am Ziel der Gewinnmaximierung auszurichten.

Wenn man sich den wirtschaftlichen Erfolg, mit den hohen Überschüssen der letzten Jahre genauer ansieht, muss jedermann ins Stutzen kommen, wie ein gemeinwohlorientiertes kommunales Unternehmen, in einer Zeit der stärksten Veränderungen eines demografischen und technologischen Wandels – und einer Pandemie, mit der am härtesten getroffenen, älteren Generation umgeht.

Gern komme ich hierzu noch einmal auf die Entscheidung des Hauptausschusses zurück.

Hier ist Corona auf jeden Fall ein großes Thema. Man tut alles, um seine Mitglieder zu schützen und unterbindet vorsichtshalber die Arbeit von Rat und Ausschüssen, die evtl. monatlich stattfinden könnten.

Das Gefahrenpotenzial in Corona-Zeiten für die ältere Generation wird also ernst genommen, oder gibt es Ausnahmen?

Wie steht die Verwaltung und Kommunalpolitik eigentlich zur Sicherheit und Gemeinwohlorientierung seiner älteren Bürger*innen vor Ort?

Durch die unnötige Sparkassenschließung entsteht ca. eine Stunde Fahrt für die Hin- und Rückfahrt von Lipperreihe mit dem ÖPNV, zur einzigen Sparkasse im Zentrum von Oerlinghausen, ohne dass die Aufenthaltszeit in der Filiale und Wartezeit an der Bushaltestelle mit berücksichtigt wird.

Summa summarum ist ein einziger Sparkassenbesuch eine zweistündige Wegstrecke, im vollen Bus, bei hohen Mobilitäts- und Gesundheitseinschränkungen und somit ein von der Kommune und der Sparkasse unterstütztes hohes Pandemierisiko, einer gefährdeten Altersgruppe.

Es geht aber bei der Sparkassenschließung auch nicht nur um die Sicherheit in einer Pandemie.

Nehmen wir z.B. einmal die technologischen Schwierigkeiten und die dazugehörigen fehlenden notwendigen Kompetenzen in einer Stadtverwaltung in den Blick! Dann frage ich mich nicht unbegründet, wie die Kommune das digitale Thema bei der älteren Generation berücksichtigt, wo von heute auf morgen abverlangt wird, auch Finanzen digital zu regeln und ohne Debatte eine kommunale Einrichtung geschlossen werden soll.

Zu überlegen wäre wohl auch, ob neben den komplexen Herausforderungen, bei dieser Entscheidung auch die steigende Umwelt- und Verkehrsbelastung in Oerlinghausen, als Stadt im Klimanotstand beachtet wurde.

Für diese vielfältigen kommunalen Anforderungen, um ein und dasselbe Thema, wäre eine Sachdiskussion schon weit vor den ersten Gesprächen mit Sparkasse und dem Kreis Lippe richtungsweisend gewesen, die auf einer Haupausschusssitzung mit Recht eine Entscheidung einfordern konnte.

In Zeiten, mit so großen Herausforderungen müssen wahrlich keine Partikularinteressen in den Vordergrund gerückt werden, sondern von allen ein hoher sozialkompetenter Einsatz abverlangt werden können.

Hier ist eine Verwaltung und Kommunalpolitik gefordert einsichtig und ganzheitlich Verantwortung zu übernehmen und ein wichtiges Thema wirklich gemeinwohlorientiert zu lösen.

Es sind bereits mehrere gute Vorschläge eingereicht worden und für eine schnelle Entscheidung kann die Variante eines Beratungscenters (BC) in Helpup und Lipperreihe unproblematisch umgesetzt werden. Das entspricht die Variante einer kleinen Sparkasse mit bspw. einer statt bisher drei Vollzeitkräften. In dieser Version bleibt das gesamte Spektrum der Bank unter einem Dach, mit kleineren hinnehmbaren Einschränkungen aber weiterhin auf kurzem Weg zur Verfügung.

Brief an die Sparkasse Lemgo: https://documentcloud.adobe.com/link/review?uri=urn:aaid:scds:US:ab1536e5-8c47-4e2f-a624-6d132b240651

 

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