Eine interessante Vorstellung …
… war die Bauausschuss-Sitzung vom 19.05. bezüglich des Projekts „Wohnen an der Schulstraße“ … nicht so sehr für das was gesagt wurde, sondern für das, was nicht gesagt wurde.
Zunächst zu dem, was gesagt wurde: Architekt und Planer gaben bekannt, dass 15-20 % der Wohneinheiten rollstuhlgerecht ausgeführt werden sollen. Bei 67 Wohneinheiten sind das 10-13 Wohnungen. Nun würde man bei einem Parkplatzfaktor von 1 auch 10-13 Behindertenparkplätze erwarten. Tatsächlich gibt es aber im 3. Planungsentwurf exakt 0 (in Worten: Null!) Behindertenparkplätze. Der einzige aufgeführte Behindertenparkplatz befindet sich bei den Parkplätzen der Mitarbeiter. Der mühsam – und unter Verzicht auf Mitarbeiterparkraum – erzielte Parkplatzfaktor von 1 wäre sonst nicht einzuhalten gewesen. Ich nenne das einen gravierenden Planungsfehler, an dem sich aber weder die Verwaltung noch viele Bauausschussmitglieder zu stören scheinen.
Interessant war auch die Frage zur Absenkung des Bordsteins an der Schulstraße für die Parkplätze der Mitarbeiter der Anlage. Die Verwaltung sieht hier offenbar kein Problem, hat aber in der Vergangenheit regelmäßig Anfragen der Anwohner an der Schulstraße zu einer vereinzelten Absenkung des Bordsteins auf der anderen Straßenseite mit dem Hinweis auf die Schulwegsicherung verweigert. Wo ist der Unterschied? Da half auch nicht der Hinweis, die Schüler könnten ja den Fußweg über das Privatgrundstück nutzen, denn das ist versicherungstechnisch höchst bedenklich. Wer bestimmt hier die Maßstäbe?
Nun zu dem, was nicht gesagt wurde: Eine geschickte Frage von Daniel Bartke hätte beinahe dazu geführt, dass sich Herr Güttler „verplappert“ und offen gesagt hätte, was viele von uns zu wissen glauben oder zumindest schon lange ahnen: Nämlich das der Bürgermeister und die Verwaltung die eigentlichen Treiber hinter dem Projekt sind. Angelika Lindner in Vertretung des erkrankten Vorsitzenden des Ausschusses konnte Ausführungen zum Thema gerade noch verhindern.
Doch nur so ist verständlich, dass in diesem Projekt Dinge möglich sind, die sich sonst kaum einer erlauben darf:
- Ausnahme erwarten für Überschreitung der Länge des Gebäudekörpers in den ersten Planungen
- Nicht zur umgebenden Wohnbebauung passende Gebäudehöhen und Massivität der Baukörper
- Nicht-Einhalten des üblichen Mindestparkplatzfaktors
- Überschreiten des erlaubten Versiegelungsgrads der Fläche
- Planen mit städtischen Flächen, die nicht veräußert sind und deren Veräußerung bisher nicht (öffentlich) besprochen wurde
- Unterschiedliche Maßstäbe bei der Schulwegsicherung
- Akzeptierten des zu erwartenden Verkehrschaos
- usw.
Es bedeutet aber auch, dass die Anwohner alle Hoffnung aufgeben können, bei Bürgermeister, Verwaltung und vielen Mitgliedern des Bauausschusses mit ihren Bedenken im Rahmen der Offenlegung auf Gehör stoßen zu können. Eine Berücksichtigung ihrer Bedenken zu Ungunsten des Investors – so wie kürzlich in Leopoldshöhe geschehen – ist in Oerlinghausen nahezu undenkbar. So weit von der nächsten Kommunalwahl entfernt, verstehen sich die meisten Mitglieder im Bauausschuss offenbar als Erfüllungsgehilfen der Verwaltung ohne eigene öffentlich vertretene Meinung zur Sache und ohne eigenes Profil.
Der Klageweg wird das einzige probate Mittel der Anwohner zur Durchsetzung ihrer Interessen sein, immerhin ist nun klar, welche Fragen man stellen muss.