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„Wohnen an der Schulstraße“ – es geht weiter

Mit der Tagesordnung für die nächste Bauausschusssitzung am 17.11.2021 wurde auch die Abwägung der Äußerungen der Öffentlichkeit zum Bauvorhaben “Wohnen an der Schulstraße” veröffentlicht. Die Abwägung umfasst 67 Seiten DIN A4 quer gedruckt in kleiner Schrift. Naturgemäß kann an dieser Stelle nicht auf jedes Detail eingegangen werden, aber ein paar Highlights sollen den Lesern nicht vorenthalten werden.

Das Thema Dreigeschossige Bebauung ist unangemessen in Relation zur Wohn-Umgebungsbebauung wird regelmäßig mit „Die ablehnende Haltung einer dreigeschossigen Bebauung wird zur Kenntnis genommen“, ebenso wie mit „Es ist unstrittig, dass die geplanten Gebäude eine andere Höhenentwicklung aufweisen als Teile des städtebaulichen Umfeldes. Dennoch besteht unverändert die Einschätzung, dass das geplante Vorhaben hinsichtlich der Höhenentwicklung umfeldverträglich ist.“ beantwortet. Im Ergebnis „Keine Auswirkungen. Die geplanten Gebäudehöhen und Geschossigkeiten werden beibehalten“. Wir sehen hier trotz einhelliger Ablehnung der meisten Bürger, die Stellung genommen haben, Verwaltungsdeutsch für „ist uns egal, was ihr sagt.“ Man könnte sich auch noch deftigere Variationen vorstellen.

Das Thema Aufbauten auf den Gebäuden (Klimatechnik, Solartechnik, etc.) wird mit „Die Festsetzungen zur zulässigen Gebäudehöhe werden zum Bebauungsplanentwurf getroffen“ beantwortet, sowie mit „Die Gebäudetechnik ist zum gegenwärtigen Verfahrensstand noch nicht geplant“ und so eine vorzeitige Festlegung bzw. Vorgaben für den Planer vermieden. Das Problem wird auf später verschoben, auch hier wieder sehen wir Verwaltungsdeutsch für „ist uns egal, was ihr sagt“.

Das Thema Erhöhtes Verkehrsaufkommen wird mit „Zum Bebauungsplanentwurf werden sowohl eine schalltechnische Untersuchung als auch eine Verkehrsuntersuchung erstellt, die eine Verträglichkeit der Planung hinsichtlich verkehrlicher und immissionsschutzrechtlicher Belange bewertet“ beantwortet. Geplant ist die Erstellung einer Verkehrsuntersuchung und einer schalltechnischen Untersuchung zum Bebauungsplanentwurf. Immerhin wird die Notwendigkeit einer Untersuchung anerkannt, aber warum erst später, warum nicht in dieser Phase? Erfahrungen aus früheren Verfahren lassen hier außerdem aber keine akzeptablen Auswirkungen erwarten. Man denke nur an die groteske Schallschutzmauer aus einer der früheren Planungsvarianten.

Das Thema Mangelhafte Schulwegsicherung wurde tatsächlich als Problem erkannt: „Um die Schulwegsicherheit entlang der Schulstraße sicherstellen zu können, sollen die dort geplanten Stellplätze verlegt werden. Infolge der Umplanung werden an der südlichen Grundstücksgrenze entlang der Schulstraße keine Stellplätze errichtet, sodass dort keine Gehwegüberfahrt auf der gesamten Breite in Aussicht steht. Im Südosten des Plangebietes soll eine Zufahrt entstehen, die zu den im Osten und Nordosten geplanten Stellplätzen und Parkplätzen führt“. Das bedeutet im Ergebnis eine „Verlegung der entlang der Schulstraße geplanten Stellplätze nach Nordosten“. Spätestens jetzt wird dem Leser deutlich, dass hier nicht die der Öffentlichkeit vorgelegten 3 Varianten abgewogen werden, sondern das bereits eine Weiterentwicklung der Variante 3 auf Basis der Kommentare der Öffentlichkeit Grundlage der Ausführungen ist. Diese ist zumindest rudimentär den Unterlagen beigefügt und soll im Bauausschuss am 17.11. erläutert werden. Damit wird auch klar, warum die Abwägung 3 Monate gedauert hat, während im Sommer 2020 gerade mal 1 Tag reichte. Die eng verzahnte Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung und dem Investor wird hier wieder mehr als deutlich und hat nichts von ihrer Bedenklichkeit verloren, im Gegenteil. Das wird auch deutlich in den Ausführungen der Verwaltung zu den Fragen, die vom einem Anwohner der Schulstraße gestellt wurden. Offensichtlich ist der Anwohner Ratsmitglied.

Zum Thema Erwartete Schülerzahlen wird mit keinem Wort auf die in Zukunft zu erwartenden Steigerungen bei den Schülerzahlen, bedingt durch neue Baugebiete in Helpup und eine damit einhergehende Verschiebung der Einzugsflächen eingegangen, die wiederum erhöhten Bedarf in der Südstadt und auch in Lipperreihe nach sich ziehen wird. Stattdessen wird auf die „zwischenzeitlich umgesetzte Beschlusslage, den Teilstandort Lipperreihe einzügig fortzuführen und die OGS am Hauptstandort Südstadt anzubieten“ verwiesen. Zu meinen Schulzeiten hätte man gesagt: Thema verfehlt, Setzen, Sechs …

Das Thema Parkplatzsituation wird auf die Behandlung der Weiterentwicklung der Variante 3 reduziert, die ersten beiden Varianten fallen in dieser Frage sofort durch, dass musste wohl auch die Verwaltung erkennen. „Das aktuelle Stellplatzkonzept (Weiterentwicklung von Variante 3) wurde gemäß der Richtlinie für den Stellplatzbedarf (Anlage zu Nr. 51.11 VV BauO NRW) erstellt. Wenngleich die Richtlinie inzwischen keine Gültigkeit mehr besitzt, wird sie dennoch im Rahmen von Baugenehmigungsverfahren regelmäßig zur Orientierung herangezogen.“

Das Thema Tiefgarage als Vorschlag aus der Bevölkerung zur Reduktion des Parkplatzproblems wird mit „Die Errichtung einer Tiefgarage ist nicht Gegenstand der beantragten Vorhabenplanung“ abgebügelt. Warum wurde die Variante 3 nicht in dieser Richtung weiterentwickelt? Bei anderen Themen war das möglich. Fragen über Fragen …

Das Thema Irreführende 3D Ansichten wird zumindest anerkannt, denn „Die Kritik an den Relationen der in den Ansichten dargestellten Gebäudehöhen wird zur Kenntnis genommen. Zur politischen Beratung bzgl. der Festlegung einer Variante für die Erstellung des Bebauungsplanentwurfes wird für die Vorzugsvariante (Weiterentwicklung von Variante 3) eine Ansicht beigefügt, in der die Höhenrelationen zwischen der geplanten und der bestehenden Bebauung korrekt wiedergegeben werden“. Das ist erfolgt. Man fordert zudem die „Erstellung von Ansichten mit korrekten Höhenrelationen zwischen bestehender und geplanter Bebauung für die Weiterentwicklung der dritten Entwurfsvariante“. Im Klartext: Da wird der Architekt des Planentwurfs mit falsch aufbereiteten, aber angeblich rechts-/gutachtersicheren (so im Bauausschuss von ihm behauptet), 3D Ansichten erwischt, steht also nun als Lügner mit einem Betrugsversuch dar. Und was passiert? Nichts! Ist das ein geeigneter Partner für ein Bauvorhaben? Natürlich nicht, aber die Verwaltung will nur neue, korrekte Pläne haben. Dem ist nichts außer Kopfschütteln hinzuzufügen.

Das Thema Fehlende Behindertenparkplätze bei den Wohn- und den gewerblichen Parkplätzen und die damit verbundene Nichteinhaltung der Parkplatzvorgaben wurde nicht beantwortet.

Das Thema Fehlerhafter Begründungstext, weil mit einem weiteren städtischen Flurstück geplant wurde, einem Teil von Flurstück 539 (Parkplätze am Pollmannsweg, Standort Altglascontainer), das aber im Begründungstext nicht aufgeführt ist, wird ignoriert, bzw. als Begründung für Parkplätze auf dem Schulhof herangezogen. Was ist eigentlich sicher, was ist Vorgabe bei diesem Verfahren? Die zu beplanende Fläche ist es schon mal nicht, und das ist ja wohl das Minimum. In den Plänen der Weiterentwicklung zur Variante 3 wird das Flurstück auch weiterhin überplant, es gibt aber keinen Ratsbeschluss zur Veräußerung dieser städtischen Fläche. Wie kann das angehen?

Zusammenfassung

Die kommentierenden Bürger stellen nahezu unisono fest, dass das geplante Bauvorhaben, egal in welcher bisher vorgestellten Variante, nicht in das Wohnumfeld passt. Das interessiert aber die Verwaltung nicht: „Die ablehnende Haltung gegenüber der drei Konzeptvarianten wird zur Kenntnis genommen.“ In Summe bestätigt sich „ist uns egal, was ihr sagt“.

Die Möglichkeit, kleiner zu bauen, z.B. mit 35-40 Wohnungen, wird überhaupt nicht in Betracht gezogen. Warum nicht? Was hindert den Bauausschuss und/oder den Rat daran, Vorgaben zu machen, welche die Interessen der Anwohner berücksichtigen? Die Beantwortung dieser Fragen im Rahmen einer möglichen Klage der Anwohner und die damit verbundene Untersuchung der Verbindungen zwischen Investor/Planer, Verwaltung, Bürgermeister, Parteien, etc. dürfte meiner Meinung nach interessante Informationen liefern.

Auf keinem Fall darf eine Entscheidung übers Knie gebrochen werden, wir in Lipperreihe und vor allem die direkten Anwohner müssen in den nächsten Jahrzehnten mit den Konsequenten einer unüberlegten Entscheidung leben.

Erste Beurteilung Weiterentwicklung Variante 3:

Keine Änderung bei der Geschossigkeit, war nach dieser Abwägung auch nicht zu erwarten.

68 Wohnparkplätze + 20 gewerbliche Parkplätze. Das sind 4 gewerbliche Plätze mehr als in der Variante 3 und konnte nur durch eine Vergrößerung des Grundstücks erreicht werden.

Der Trafo mit 2×4 m (leider keine Höhenangabe) steht an prekärer Stelle für die Einfahrt auf die Schulstraße. Das ist bei den typischen Höhen gefährlich.

Es sind keine Behindertenplätze ausgewiesen, die erhöhten Platzbedarf haben. Es müssten laut den Angaben zu Variante 3 10-13 solche Parkplätze allein für die Bewohner der behindertengerechten Wohnungen verfügbar sein (unter der Annahme, das zu einer behindertengerechten Wohnung auch ein behindertengerechter Parkplatz gehört). Es fehlen also bei einer angenommenen 1,5-fachen Breite eines Behindertenparkplatzes im Vergleich zu einem Normalparkplatz mindestens 5 Plätze bei den Wohnungsparkplätzen.

Der öffentliche Parkplatz wird auf Kosten der Investoren erstellt.

Keine Abweichung/Änderung bei der Anzahl der Wohnungen erkennbar.

Abschluss

Die nächste Bauausschuss-Sitzung findet am 17.11.2021 um 18:30 in der Mensa der Heinz-Sielmann-Schule statt. Das Schauspiel dürfte interessant werden, also wer Zeit hat, sollte sich das ansehen. Es gilt offenbar 3G.

Es findet sich noch folgender Hinweis: Da aufgrund der umfangreichen Tagesordnung eine (unangemessen) lange Sitzungsdauer nicht auszuschließen ist, wird die Sitzung ggf. vorzeitig beendet und am 24.11.2021 fortgesetzt (gleiche Zeit, gleicher Ort)! In diesem Fall wird mit verkürzter Ladungsfrist erneut geladen.

Da das Thema „Wohnen an der Schulstraße“ weit vorne auf der Tagesordnung steht, ist mit einer Behandlung am 17.11. zu rechnen.

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